2018/ 13 Teataste & Sunrise

 

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Es ist 3:10h am frühen Morgen. Oder sollte ich besser sagen, mitten in der Nacht? Unsere beiden Handys klingeln nahezu gleichzeitig. Eigentlich ist heute Reisetag, zurück nach Kyoto, dann zurück nach Osaka-Kansei, Flug nach Taipeh, für Jiri noch zwei Tage Taipeh, für mich geht es direkt nach Frankfurt.

Aber, die Teebörse hat seit zwei Tagen geöffnet. Kohei hat uns eingeladen heute früh mit zu probieren. Er holt uns um 3:29h ab. (s. Foto Armaturenbrett Toyota)

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In der Company ist das erste Teatasting schon vorbereitet. Es werden die frisch produzierten Arachas probiert. Einige Muster liegen schon vor. Andere werden während des gesamten Tastings gebracht. Die Teebörse öffnet um sechs. Probiert wird, wie hier üblich, direkt aus den Schalen.

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Die ersten Muster von heute morgen.

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Der Präsident der Company ist in Kyushu unterwegs um dort Tee einzukaufen. So ist Nagata-san der erste in der Firma, der probiert. Der Probiervorgang folgt einer strikten Hierarchie. Zuerst der President, dann sein Stellvertreter, gefolgt vom Factoryleiter, dann kommen die anderen. Die Atmosphäre ist ruhig, eher still und konzentriert. Man spricht, wenn man spricht, eher leise.

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Der Factoryleiter beim lautstarken Schlürfen des Tees. Das ist aber auch das einzig laute Geräusch heute morgen in der Firma.

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 Hier die Reihenfolge, Nagata-san, Factoryleiter. Man probiert konzentriert, ruhig, schnell.

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Ein neues Setup. In den Dosen befinden sich die Muster. Der Tee wird in die schwarzen Schalen geschüttet. So kann man die Konsistenz des Tees mit der Hand prüfen. Mit Erfahrung spürt man den unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalt.


Der Feuchtigkeitsgehalt des Aracha ist ungefähr 6 %. Der gefinishte Tee hat ca. 4 % Feuchtigkeit. Es ist wichtig die Feuchtigkeit des jeweiligen Aracha gut einzuschätzen. Danach richtet sich das finale Erhitzen.

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Probiert wird mit abgewogenen 4g bei 3 Minuten Ziehzeit und kochendem Wasser.

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Der Factoryleiter macht sich einige Notizen über die Qualität, Feuchtigkeit, das Klima bei der Ernte. Nagata-san behält alles im Kopf.

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Hier mischt Nagata-san einen möglichen Blend aus drei Aracha. Er variiert diesen Blend später noch einmal.

Der Blend wird jetzt in Kyusus aufgebrüht. Der Aufguss ist wesentlich leichter und transparenter. Den Vorschlag dazu macht der erste Taster.

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Fünf Uhr. Die meisten Tees sind durchprobiert. Immer wieder wurden von Fahrern neue Muster von den benachbarten Factorys hereingebracht.

Die probierten Muster um sechs Uhr. Doch die Arbeit geht weiter. Die Börse öffnet jetzt. Jiri und ich denken, wir fahren jetzt wohin, wo Gebote gemacht werden, jemand mit dem Holzhammer auf den Tisch haut, also ein Ort, wie man sich eine Börse eben vorzustellen hat.

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Im Auto und auf der Fahrt zum Sunrise erklärt uns Kohei, wie das Geschäft läuft. Wichtig sind die frühmorgendlichen Tastings. Hier wird in den alt eingessenenen Firmen entschieden, welcher Tee gekauft wird. Es sind Firmen die seit über hundert Jahren miteinander arbeiten. Es ist ein Geflecht von Vertrauen und Loyalität. Niemand sonst bekommt hier Tees, meint Kohei. Wenn du neu bist und von außerhalb, kannst du nur bei uns kaufen, niemals bei den Farmern. Und das ist in Kyushu, Uji, Fukuoka etc. ebenso. Es wird also an diesem Morgen schnell entschieden, welche Tees gebraucht werden für das Geschäft. Die Tees, die nicht so verkauft werden landen auf dem öffentlich zugänglichen Teemarkt. Der ist allerdings für die traditionell gut vernetzten Firmen völlig uninteressant. Wir wissen jetzt Bescheid und fahren Richtung Sonnenaufgang.

Teefeld im Morgennebel.

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 Teefeld im Morgennebel II

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Asatsuyu, Morgentau.

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Sunrise I

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Sunrise II

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Sunrise III

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Sunrise IV

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Chairman, Jiri, Helmut, Factoryleiter, Nagata.

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Abschied aus Kakegawa. Wir haben hier wunderbare Menschen getroffen, die sich herzlich und überaus freundlich um uns gekümmert haben. Vielen Dank!

Jiri und ich sind gleich noch bei der Ehefrau des älteren Chairman zur Teezeremonie eingeladen. Sie ist ausgebildete Teemeisterin der Urasenke-Schule. Ich werde von Köln aus davon berichten und verabschiede mich aus  Shizuoka.

PS: mein Korrekturprogramm hat aus den japanischen Fachbegriffen in den letzten Tage einige skurile Wörter produziert, die ich natürlich alle wieder vergessen habe.

Heute schrieb es: der Feuchtigkeitsgehalt des Archäologen beträgt 6 %. Gemeint war der Aracha. Der kam im nächsten Satz vor, und zwar als Aracha, nicht als Archäologe. Wirklich seltsam.

Kakegawa am letzten Reisetag, nach dem Teatasting vor der Teebörse. Wir sind bei der Frau des Elder Chairman zur Teezeremonie eingeladen. Wir haben uns Koi-Cha gewünscht, einen „dicken“ Tee.
Sie war zunächst erstaunt über unseren Wunsch. Wir erklärten, das wir beide jeden Tag Matcha trinken mit unseren jeweiligen Mitarbeitern. Sie war wieder erstaunt, aber eher erfreut, das die Kunst des Mancha-Trinkens bei uns in Europa so populär ist. Ich erzähle nichts von dem ganzen Chi Chi um Matcha Latte, Matcha mit laktosefreier Milch, Matcha mit Mango etc.

Hier der erste Gang der Teezeremonie, KOI-CHA, dicker Tee. Ich beschreibe nur die Grundstationen ohne differenzierte Betrachtung. Das ständige Fotographieren hätte mich um die Freude der Aufmerksamkeit während der Chanoyu gebracht.

 

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 Zunächst wird eine Süßigkeit gereicht.

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 Die Teeutensilien, Schale (Chawan), Besen (Chasen) und Tuch.

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 Das aufmerksame und kunstvolle Falten des Tuchs

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 Das sorgfältige symbolische Säubern der einzelnen Teegeräte.

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 Es wird eine große Menge Matcha in den Chawan gefüllt.

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Das ruhige Einfüllen von Wasser mit der Schöpfkelle aus Bambus.

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Das Schlagen des KOI-CHA. Es ist ein langsames, ruhiges Rühren, wie ein leichter Sommerwind in den Bäumen klingt der Besen.

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Kohei beim Trinken des KOI-CHA. Er hat noch nie so dicken und dichten Tee getrunken und ist sichtlich überrascht, nein, überwältigt.

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Mutter und Tochter nach der Zeremonie. Sie haben uns natürlich einige Hilfestellungen gegeben, wie man sich in der Zeremonie verhält, Verbeugungen, Höfliche Formulierungen, das Drehen der Schale im Uhrzeigersinn und wieder zurück.

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Einige Schalen aus Ihrer Sammlung. Die großen schwarzen Rakuschalen habe ich sicherheitshalber nicht fotografiert. Sensationell vom Anfassen und vom Ansehen her.

Wir sind gestärkt für die Reise nach Deutschland und freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen. Verabredet ist ein Kurs Chanoyu im Herbst in Freiburg. Wir werden sehen und freuen uns jetzt schon.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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